Mittelschiff mit den mächtigen Pfeilern und den Kreuzgewölben
Die evangelische Martinskirche ist dem Schutzheiligen der Franken, dem Heiligen Martin von Tours, geweiht. Ihre Vorläufer gehen auf die Zeit der Christianisierung Mitte des 8. Jahrhunderts zurück. Urkundliche Erwähnung findet die Martinskirche erstmals 1280 in einem Lehnsverzeichnis des Grafen Eppstein, so dass ihre Entstehungszeit noch vor diesem Eintrag anzusetzen ist. Über 800 Jahre Bau- und Stilgeschichte begegnen uns bei einem Rundgang durch die Martinskirche.
Chorraum der Martinskirche
Ursprünglich als romanische, flach gedeckte Pfeilerbasilika gebaut, wurde sie 1509 entscheidend umgestaltet. Die Jahreszahl ist in einem der Kreuzbögen des Mittelschiffes zu finden.
Davor zeigte ihr Grundriss 350 Jahre lang einen Raum mit drei Längsschiffen und einem Querschiff, abgesetzt durch einen Triumphbogen. Den Abschluss der Längsschiffe bildeten entsprechende Apsiden. Bei der Restaurierung 1953 konnten die Ausmaße der ursprünglichen Pfeiler, beziehungsweise Säulen und Rundbögen festgestellt werden.
Die heutigen Pfeiler zeigen in ihrem Kern noch die alten romanischen Pfeiler mit einer Breite von 135 cm, denen auf der Seite ein Mauerstück von 45 cm angefügt wurde.
Die Zwischenpfeiler im Raum der heutigen Spitzarkaden wurden beseitigt.
Hinweise auf ihre Form, ob Säule oder ebenfalls Pfeiler, haben sich bei dem Einbau der Heizungskammern 1953 nicht finden lassen, wohl aber die durchgehenden Fundamente der Längsmauern aus der romanischen Epoche.
Das älteste Interieur der Kirche ist das romanische Taufbecken, dessen Bogenfries auf eine Entstehungszeit im ausgehenden 12. oder beginnenden 13. Jahrhundert hinweist.
Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert
Ebenfalls stammt vermutlich der mit einer Sandsteinplatte gedeckte Altar aus der Entstehungszeit der Kirche.
Auf der linken Seite des Chorraumes befindet sich ein spätgotisches Tabernakel.
Auf der Nordseite, von der Empore zugänglich, befinden sich Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert: eine Kirchendarstellung, Absaloms Tod und eine Frau, die sich vor ihrem Spiegelbild in einem Brunnen erschrickt.
Die Kanzel aus dem Jahre 1668 ist im Renaissancestil gearbeitet und trägt Zinneinlagen mit feinen Gravierarbeiten.
Aus der Barockzeit stammen Kruzifix und Grabsteine sowie das Wandgemälde an der Nordseite vor dem Triumphbogen. Der Maler hat eine typologische Gegenüberstellung von Mose mit der ehernen Schlange und Christus am Kreuz nach Johannes 3,14-15 gestaltet.
Ebenso finden wir aus Stuck barocke Deckenmedaillons in den Kreuzgewölben des Hauptschiffes. Das Ölgemälde “Der barmherzige Samariter“ stammt von dem Heimatkünstler Karl Lenz (1898 -1948) aus Erdhausen.
Die Orgel wurde 1794 von dem Orgelbauer Schöler, Bad Ems, erbaut und 1967 großzügig erweitert.
Die farbigen Fenster im Chorraum sind das Werk des Künstlers Erhardt Klonk aus Marburg.
1954 und 1956 sind sie eingesetzt worden und fassen zum einen das Glaubensbekenntnis zusammen, zum anderen zeigen sie streng typisierte Figuren im Seitenschiff.
Schöler-Orgel
Genauere Beschreibungen der Martinskirche finden sich in der kleinen Broschüre
„Die Martinskirche in Gladenbach“ herausgegeben im Juni 2006
von der Ev. Kirchengemeinde Gladenbach
Historische Bilder der Martinskirche
Martinskirche vor 1850 (Stahlstich)
Martinskirche um 1860
Postkarte von Gladenbach aus dem Jahr 1899, Martinskirche und Kirchberg
Gladenbach um 1900, Martinskirche und Kirchberg
Postkarte von Gladenbach (nach 1900)
Gladenbach um 1910 mit der Martinskirche
Postkarte von Gladenbach, nach 1920
(Ansicht von der Gießener Straße her)
Luftbild von Gladenbach um 1953 mit der Martinskirche in der Mitte
Alte Schule an der Martinskirche (mittlerweile abgerissen)
Gladenbach um 1980 (Foto: G. Kraft)
ehemalige Gestaltung des Innenraums der Martinskirche mit Emporen auf beiden Seiten und einem Mittelgang
(Zeitpunkt der Aufnahme unbekannt; Herkunft: „Amt Blankenstein“, Zeitschrift des Heimat- und Museumsvereins, Nr. 10)